Rosen für Apoll

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Das meine Freunde ist der Augenblick, da die Götter selbst den Atem anhalten. Hier tippt das Schicksal uns auf die Schulter und fragt uns, worin wir den Sinn des Lebens sehen. Der Gedanken lange Kette marschiert auf. Zuerst kommen unsere alten Bekannten unter den Gedanken, aber dann kommen die anderen, die wir noch nie ganz durchdacht haben, es ist, als ob sie sich an den Händen gefaßt hielten und einer den anderen nachzöge -eine Kette ohne Ende .Da ist der Gedanke, daß wir nur einmal leben ,da ist der Gedanke ,daß Leben Kampf ist, da sind sie alle wieder: Der Gedanke an unsere Kinder, der Gedanke an die Freiheit und der an die Schlauheit, an das "Krieg ist der Vater aller Dinge "und an das" Das Weiche ist das Härtere", an die Vergangenheit und an die Zukunft, an das "Niemals" und an das "Warum", an das egoistische Ich und an das aufopfernde Wir, an das In -Schönheit -Leben und das In -Schönheit -Sterben ,an den Sinn der Tat und den Sinn der Unterlassung ,an das Aufbäumen und an das Ducken ,an die Fragwürdigkeit der Schande und an die Kraft der Ehre,an die Schrecken der Entscheidung und an die Erhabenheit einer Entscheidung ,an den heiligen Zorn und an das heilige Leben. Kein Ende; hinter den letzten Gedanken kommen die ersten wieder herauf.
Ein Kreis.
Die Kunst, meine Freunde, besteht darin, an irgendeinem Punkt die Kette mit einem Gefühl zu durchhauen. Mit einem Gefühl, das stärker ist den alle Vernunft. Wenn wir es nicht mehr haben, werden wir verdammt sein in alle Ewigkeit.

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Der Wahn vom "Fortschritt" ist, philosophisch gesehen, ein Denkzwang, der aus einer seelischen Erkrankung kommt. Er tritt epidemisch auf, und zwar immer dann, wenn die Lebenskraft eines Volkes sich zu erschöpfen beginnt. Man findet ihn bei jedem Kulturkreis, jedem Volk, jeder Rasse.
Dieser Denkzwang ist eine Ersatzerscheinung. Die Gehirne der Massenmenschen, die sich, ohne Wachstum oder Erweiterung, sprunghaft emanzipiert haben, verkraften ihr plötzliches Empfinden für große Dimensionen, für Weite, Zeit und Entwicklung nicht: sie verlieren den Halt, sie verlieren das, woran sie sich halten konnten, sie werden halt- los. In dem Worte stecht sehr richtig schon die Bewegung. Sie haben den "Sinn im Kleinen" verloren und sehen keinen im Größeren; sie vermuten nur, daß er irgendwo steckt, daß irgendwo in der Zukunft, irgendwo anders das Ziel, das Lohnende, das Befriedigende ist. Man muß also vorwärts schreiten!
Der wahre Inhalt des Fortschritts ist Wechsel. Mit einer Qualitätssteigerung hat er nichts zu tun, nichts mit einer Höherentwicklung, wie man sie fälschlich immer mit dem Wort Fortschritt verbindet! Auch ein im Kreisedrehen wird von der erkrankten Seele durchaus als Fortschritt empfunden- blicken Sie um sich, und Sie haben den Beweis vor Augen. Die kranke Seele konsumiert die Bewegung, den Wechsel wie eine Droge! Zustände, die zuvor von Dauer waren und auch von Dauer sein sollten, werden jetzt am laufenden Band "verbraucht". Der Fortschrittler ist - vergessen Sie diesen Satz niemals mehr- ein Verbraucher! Mit nichts anderem hat er zu tun. Und damit sind wir bei einer entscheidenen Erkenntnis: Fortschritt ist Umsatz. Und zwar nicht etwa eine "Art Umsatz", sondern er ist das Prinzip des Umsatzes schlechthin. Sie werden sich fragen, wie ich das Wort Umsatz meine: Genauso wie der Kaufmann. Es ist identisch mit dem merkantilen Begriff.
Daher, meine Freunde, ist die Wirtschaft auch der Mäzen des "Fortschritts"!(Und der Todfeind des biblischen Paradieses.)Mit einer Fortschrittsepedemie geht stets eine Wirtschaftsepedemie parallel.